Longevity – Was gesunde Langlebigkeit heute bedeutet
- Ulrich Thaidigsmann
- 6. Juni
- 5 Min. Lesezeit
Ein wissenschaftlicher Überblick über die Erkenntnisse moderner Langlebigkeitsforschung

Longevity, also das Streben nach einem langen Leben in guter Gesundheit, ist kein neues Konzept. Neu ist jedoch, dass dieses Ziel heute auf der Grundlage belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse gezielter verfolgt werden kann als jemals zuvor. Dabei steht nicht die reine Lebensverlängerung im Vordergrund, sondern die Gesundheitsspanne – also die Anzahl der Lebensjahre, in denen Menschen frei von chronischen Krankheiten, kognitiv leistungsfähig und körperlich aktiv bleiben.
Um dieses Ziel erreichen zu können, braucht es Veränderungen in unseren Alltagsroutinen und in unseren bisher gelebten Überzeugungen. Die große Herausforderung ist es gelingende Strategien hierzu zu entwickeln und diese auch umzusetzen. Gerne bringen wir unsere Expertise für Sie aus über 30 Jahren Erfahrung bei diesen persönlichen Entwicklungs- und Veränderungsprozessen als Wegbereiter für ein gesundes, langes Leben ein.
1. Genetik spielt eine untergeordnete Rolle
Ein zentrales Ergebnis aus der Longevity-Forschung lautet: Nur etwa 10–20 % unseres Alterns sind genetisch bedingt. Der weit größere Einfluss – etwa 80–90 % – liegt in Umweltfaktoren, Lebensstilentscheidungen und psychosozialen Bedingungen.
Diese Erkenntnis verschiebt den Fokus von „passivem Altern“ hin zu aktiver Gestaltung. Die Gesundheit im Alter ist in weiten Teilen beeinflussbar – durch Verhalten, Lebensumfeld und mentale Faktoren.
2. Zelluläre Alterung und Telomere
Ein Marker für den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene sind die sogenannten Telomere – die Endstücke unserer Chromosomen. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich diese Telomere, bis keine weitere Zellteilung mehr möglich ist.
Chronischer Stress, Schlafmangel, Bewegungsmangel und unausgewogene Ernährung beschleunigen diesen Prozess. Umgekehrt können ausgewogene Ernährung, Bewegung, Stressreduktion und soziale Einbindung den Telomerabbau verlangsamen oder sogar teilweise rückgängig machen (z. B. durch Aktivierung der Telomerase, einem Enzym, das Telomere reparieren kann).
3. Entzündung als Alterungstreiber („Inflammaging“)
Ein weiterer zentraler Befund: Chronisch niedriggradige Entzündungsprozesse gelten als ein maßgeblicher Treiber von Alterung. Dieser Zustand wird als Inflammaging bezeichnet.
Ursachen für Inflammaging:
Ungünstige Ernährung (z. B. zucker- und transfettreich)
Bewegungsmangel
Dauerstress
Umwelttoxine
Schlafdefizit
Diese Prozesse fördern altersassoziierte Erkrankungen wie Arteriosklerose, Alzheimer, Diabetes Typ 2 oder Krebs. Eine antientzündliche Lebensweise – mit ballaststoffreicher Ernährung, Omega-3-Fettsäuren, ausreichend Schlaf, Bewegung und Stressmodulation – gilt als zentrale Gegenmaßnahme.
4. Der Einfluss von Psyche und Nervensystem
Ein oft unterschätzter, aber sehr gut dokumentierter Faktor für gesunde Langlebigkeit ist die Regulation des autonomen Nervensystems. Ein dauerhaft aktivierter Sympathikus (Stressmodus) erhöht den Cortisolspiegel, fördert Entzündungen, hemmt die Zellregeneration und stört die Immunbalance.
Langfristig wirksam sind Strategien zur Aktivierung des Parasympathikus:
Atemübungen
Meditation und Achtsamkeit
positive soziale Bindungen
hypnosystemische Verfahren
Zeit in der Natur
Diese Methoden verbessern nicht nur das subjektive Wohlbefinden, sondern haben direkt messbare biologische Effekte, etwa auf Herzfrequenzvariabilität, Entzündungsmarker und Telomerlänge.
5. Mitochondrien und metabolische Gesundheit
Mitochondrien, die Energiekraftwerke der Zelle, spielen eine Schlüsselrolle für Alterung. Ihre Funktion nimmt mit dem Alter ab – besonders bei ungesunder Ernährung, oxidativem Stress und Bewegungsmangel.
Erhalt der mitochondrialen Leistungsfähigkeit gelingt durch:
Bewegung (v. a. Intervalltraining)
Fasten bzw. Zeitfenster-Essen (z. B. 16:8)
Antioxidantien (z. B. Polyphenole aus Pflanzen)
gezielte Mikronährstoffzufuhr (z. B. Coenzym Q10, NAD+ Vorstufen, Magnesium)
Innere Haltung & Stressverarbeitung – der unterschätzte Hebel
Wie schon unter 4. beschrieben beeinflusst die Art und Weise, wie Menschen auf Herausforderungen reagieren maßgeblich ihren Alterungsprozess. Chronischer Stress ist kein vorübergehender Zustand – er wirkt auf zellulärer Ebene. Insbesondere eine dauerhaft erhöhte Cortisolkonzentration kann Entzündungsprozesse verstärken, den Schlafrhythmus stören, die Mitochondrienfunktion schwächen und die Telomere verkürzen – jene Schutzkappen der DNA, die als Marker für biologische Jugend gelten.
Doch: Es ist nicht nur die Stressbelastung selbst, sondern vor allem der Umgang mit Stress, der entscheidend ist. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und einer ressourcenorientierten inneren Haltung aktivieren deutlich weniger Stressphysiologie – selbst bei gleicher äußerer Belastung.
Verhaltensänderung, Neuroplastizität & Hypnosystemik – wie Veränderung wirklich gelingt
Wissen allein verändert kein Verhalten. Viele Menschen wissen, was ihnen guttäte – aber sie setzen es nicht dauerhaft um. Genau hier liegt die größte Herausforderung im Kontext von Longevity: Wie gelingt es, neue gesunde Routinen im Alltag zu verankern?
Neurobiologische Grundlage: Das Gehirn bevorzugt Vertrautes
Unser Gehirn funktioniert nach dem Prinzip der Energieeffizienz. Es liebt Automatismen – sie sparen Energie und geben Sicherheit. Neue Gewohnheiten müssen daher nicht nur bewusst initiiert, sondern auch emotional aufgeladen, wiederholt, und in den Alltag integriert werden.
Hypnosystemik: Zugang zu inneren Anteilen schaffen
Der hypnosystemische Ansatz nach Dr. Gunther Schmidt kombiniert Erkenntnisse der modernen Hirnforschung, systemischen Therapie und der Hypnotherapie Milton Ericksons. Ziel ist es, unbewusste innere Anteile aktiv in Veränderungsprozesse einzubinden.
In der Praxis heißt das:
Menschen tragen meist bereits alle Ressourcen und Lösungsimpulse in sich, sie sind jedoch in stressbelasteten oder unklaren Situationen oft nicht zugänglich.
Hypnosystemische Methoden aktivieren gezielt diese inneren Ressourcen, Werte und Kompetenzen, z. B. durch innere Bilder, Körperwahrnehmung, Perspektivwechsel oder gezielte Fokussierung.
Verhaltensveränderung wird damit nicht zu einer Willensleistung, sondern zu einem koordinierten Zusammenspiel innerer Motivationssysteme.
Praktisch angewendet bedeutet das:
Menschen lernen, automatisierte Muster (z. B. bei Stress zu ungesundem Essen oder Rückzug zu neigen) achtsam zu unterbrechen.
Statt gegen sich selbst zu arbeiten, nutzen sie ihre innere Dynamik konstruktiv – etwa durch Selbstcoaching-Fragen, innere Dialoge oder das sogenannte „Seitenmodell“, bei dem verschiedene Persönlichkeitsanteile (z. B. der Kritiker, der Genießer, der Antreiber) in eine sinnvolle Kooperation gebracht werden.
Der Fokus liegt auf Selbststeuerung statt Selbstdisziplin, auf Verbundenheit statt Kontrolle.
Fazit:
Longevity braucht mehr als Disziplin – es braucht Verständnis, Haltung und Praxis
Die Longevity-Forschung fußt heute auf einem interdisziplinären Fundament aus Zellbiologie, Psychoneuroimmunologie, Verhaltensforschung und Präventionsmedizin. Es besteht kein Zweifel mehr daran, dass Altern maßgeblich beeinflussbar ist – sowohl auf biologischer als auch auf psychischer und sozialer Ebene.
Gesund alt zu werden ist ein Prozess, der Wissen, systemisches Denken und praktisches Können verbindet. Wer nur an Ernährung oder Bewegung denkt, greift zu kurz. Es geht auch um:
den bewussten Umgang mit Stress und innerem Druck,
das Training einer stärkenden inneren Haltung,
die langfristige Veränderung von Verhalten – mit neurobiologischer Geduld.
Longevity ist keine Diät – es ist eine Entscheidung für einen bewussten Lebensstil.
Wer diesen Weg gehen will, braucht ein ganzheitliches, machbares Konzept, das Körper, Geist und soziale Dynamiken integriert – genau daran arbeiten wir.
Wissenschaftliche Quellen, Studien und Modelle
1. Genetik vs. Lebensstil
"Nur 10–20 % unseres Alterns sind genetisch bedingt."
Quelle: Finch, C. E., & Kirkwood, T. B. L. (2000). Chance, Development, and Aging. Oxford University Press.
Zusammenfassung: Die Autoren belegen, dass Umwelt- und Verhaltensfaktoren (wie Ernährung, Bewegung, Bildung, sozioökonomische Bedingungen) den größten Einfluss auf die Lebensdauer und insbesondere die Gesundheitsspanne haben.
2. Telomere und Stress
"Chronischer Stress verkürzt die Telomere."
Quelle: Epel, E. S., et al. (2004). Accelerated telomere shortening in response to life stress. PNAS, 101(49), 17312–17315.
Zusammenfassung: Menschen mit höherer subjektiver Stressbelastung weisen eine signifikant verkürzte Telomerlänge auf – ein direkter Hinweis auf beschleunigte zelluläre Alterung.
3. Telomerase-Aktivierung durch Lebensstil
"Lebensstilinterventionen können Telomerase aktivieren."
Quelle: Ornish, D., et al. (2008). Increased telomerase activity and comprehensive lifestyle changes: a pilot study. The Lancet Oncology, 9(11), 1048–1057.
Zusammenfassung: Ein multimodales Interventionsprogramm (Ernährung, Bewegung, Stressreduktion, soziale Bindung) zeigte nach 3 Monaten signifikant erhöhte Telomerase-Aktivität.
4. "Inflammaging" – Entzündungsprozesse und Alterung
Quelle: Franceschi, C., & Campisi, J. (2014). Chronic inflammation (inflammaging) and its potential contribution to age-associated diseases. The Journals of Gerontology: Series A, 69(Suppl_1), S4–S9.
Zusammenfassung: Chronisch niedriggradige Entzündungen sind ein zentraler Mechanismus der biologischen Alterung und mit fast allen degenerativen Erkrankungen des Alters verbunden.
5. Regulation des autonomen Nervensystems
"Der Parasympathikus fördert Regeneration, Immunsystem und Anti-Aging-Prozesse."
Quelle: Thayer, J. F., & Sternberg, E. M. (2006). Beyond heart rate variability: vagal regulation of allostatic systems. Annals of the New York Academy of Sciences, 1088(1), 361–372.
Zusammenfassung: Eine hohe vagale Aktivität (Parasympathikus) ist assoziiert mit besserer kardiovaskulärer Gesundheit, Stressregulation und Lebensdauer.
6. Mitochondrien und metabolische Gesundheit
Quelle: Lopez-Otin, C., et al. (2013). The hallmarks of aging. Cell, 153(6), 1194–1217.
Zusammenfassung: Die Autoren definieren u. a. mitochondriale Dysfunktion, epigenetische Veränderungen und inflammatorische Prozesse als zentrale Mechanismen der Alterung.
Ergänzende Quelle zu Mikronährstoffen & Mitochondrien: Wallace, D. C. (2005). A mitochondrial paradigm of metabolic and degenerative diseases, aging, and cancer: a dawn for evolutionary medicine. Annual Review of Genetics, 39, 359–407.
7. Psycho-soziale Faktoren und Langlebigkeit
"Soziale Bindungen und Lebenssinn korrelieren stark mit gesundem Altern."
Quelle: Holt-Lunstad, J., Smith, T. B., & Layton, J. B. (2010). Social relationships and mortality risk: a meta-analytic review. PLOS Medicine, 7(7), e1000316.
Zusammenfassung: Gute soziale Beziehungen reduzieren das Sterblichkeitsrisiko in ähnlichem Ausmaß wie Nichtrauchen oder körperliche Aktivität.
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